Kategorie: urban spaces

Platzuhr

Es gibt zwei Orte in Hannover, die jeder als Treffpunkt sofort kennt: „unterm Schwanz“, also am Ernst-August-Denkmal vor dem Hauptbahnhof, und an der Kröpckeuhr. Das ist schon seit Jahrzehnten so. Wer allerdings heute zum Kröpcke kommt, und ein paar Jahre nicht in der Stadt war, findet einen deutlich veränderten Platz vor. Das alte Kröpckecenter wurde komplett umgebaut, die neue Gebäudespitze ragt jetzt weit in den Platz, dorthin wo zuvor das Loch hinab zu Passarellenebene war. Und im Laufe des Jahres soll ein großer Leuchter über dem Platz aufgehängt werden, der den Kröpcke in ein ganz neues Licht tauchen wird. Die Befestigungspunkt dafür kann man an der ein oder anderen Fassade schon erkennen.

Die Kröpckeuhr steht dagegen unverändert auf ihrem Platz. Aber auch das war nicht immer so. Mitte der 1950er Jahre wurde die historische Uhr durch ein modernes Modell ersetzt, baugleich mit jenem, welches man heute noch am Steintor vor der Kurt-Schumacher-Straße sehen kann. Doch die alte Uhr wurde von den Bürgern der Stadt vermisst, 1974 gab es dazu sogar ein eigenes Lied. 1977 wurde dann die heutige Uhr am Kröpcke aufgestellt, eine vereinfachte Rekonstruktion des historischen Vorbilds. Als Treffpunkt hat sie sich seit dem bewährt.

Hochverkehr

Umweltzone, D-Linie (Verzeihung, Projekt Zehn-Siebzehn), autofreie Innenstadt. Hannovers Verkehrspolitik ist immer gut für Streit und Auseinandersetzungen. So auch die Zukunft der Raschplatz-Hochstraße hinter dem hannöverschen Hauptbahnhof. Für die einen ein Ausdruck großstädtischer Identität, andere finden sie einfach nur hässlich. Jahrelang wurde überlegt sie abzureißen, jetzt wird saniert. Und es mangelt nicht an Verbesserungsvorschlägen: bunt anmalen im Rizzi-Stil, oder dramatisch beleuchten um sie “schöner” aussehen zu lassen. Dabei hat diese Brücke mit ihrem leichten Schwung durch die Innenstadt durchaus einen ästhetischen Reiz. War mit dem Musikvideodreh von Melanie C’s “First day of my life” Schauplatz für Popkultur. Und bietet mit dem 1991 entstandenen Werk “Hang Over” von Andreas von Weizsäcker sogar Kunst.
Das Problem ist wohl eher die lieblose Umgebung, die Gestaltung der Übergänge von der Innenstadt zur Lister Meile. Bleibt abzuwarten, ob die Sanierung auch daran etwas ändert. Doch selbst wenn, in ein paar Jahren wird die Raschplatz-Hochstraße wieder zur Debatte stehen.

Endstation

Derzeit hält sie noch am Aegi, die Stadtbahn der Linie 10. Lange soll das nicht mehr der Fall sein, denn die Diskussion um die sogenannte D-Linie (zu der die Linien 10 und 17 gehören), von der in den hannoverschen Zeitungen zuletzt oft berichtet wurde, dreht sich um eine Neufassung des Streckenverlaufs in der Innenstadt. Wie allerdings die Strecke in Zukunft aussehen wird, darüber gibt es einen massiven Streit. Zwei Lager haben sich dabei gebildet, zum einen die Regierungskoalition in der Region, die für die Planungen zuständig ist, und vor allem von den Grünen getrieben eine oberirdische Strecke durch die Kurt-Schumacher-Straße und die Lister Meile zum Raschplatz durchsetzen will. Auf der anderen Seite steht ein breites Spektrum an Bürgerinitativen, Interessensgruppen, Handelsverbänden, Kaufleuten, Anliegern, Behörden, Behindertenverbänden und Oppositionspolitikern, die diese Planungen für verfehlt halten und größtenteils für die Umsetzung der Tunnelvariante, zu der zum Beispiel die bekannte Geisterstation gehört, plädieren. Sogar die Üstra selbst ist mit den Regionsplanungen nicht zufrieden. Vorgestern nun hat sich die City Gemeinschaft Hannover mit einem offenen Brief an Politik und Öffentlichkeit gewandt und vor einer Entscheidung zugunsten der aktuellen Planung gewarnt. Diese soll nach derzeitigem Stand am kommenden Dienstag gefällt werden.
Da das Thema sehr wichtig ist für die Entwicklung und Gestalt der hannoverschen Innenstadt in den nächsten Jahrzehnten, sollte sich eigentlich jeder Hannoveraner mit dem Thema befassen. Die Internetseite des Vereins Pro-D-Tunnel bietet einen guten Überblick über die Situation, auch unabhängig vom Interesse der Initiative.

Ob Tunnel oder Bahnunterführung, die Strecke wird sich wohl verändern. Damit wird auch der Endpunkt am Aegidientorplatz wegfallen. Für diesen Ort sicher kein großer Verlust, denn alle anderen Bahnen fahren hier eh schon unterirdisch und eine Umsteigeverknüpfung gibt es auch am Steintor. Und nicht zuletzt: Bäume statt Oberleitungsmasten wären für das Stadtbild die schönere Wahl.

Flugzeugfinder

Ein Flugzeug auf dem Vorfeld des Flughafens Hannover-Langenhagen HAJ

Fliegen und Hannover. Das ist schon eine besondere Geschichte, schließlich liegt hier die Wiege des Motorflugs. Auch wenn sich bis heute hartnäckige Gerüchte halten, die Brüder Wilbur und Orville Wright hätten den Motorflug irgendwo in den USA erfunden, in Hannover wissen wir natürlich, dass Karl Jatho am 18. August 1903 in der Vahrenwalder Heide den weltweit ersten Motorflug durchgeführt hat. Also Monate vor den Wrights. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich erstaunlich, dass der hannoversche Flughafen nicht längst der wichtigste und größte Airport der Welt ist.
Statt dessen wirkt es manchmal doch ein wenig leer auf dem Vorfeld. Der Flughafen Hannover, der in diesem Jahr sein 60-jähriges Jubiläum feiert, hat sich in den Jahren deutlich verändert und ist gewachsen, für 2011 wird er trotzdem nur auf Platz 9 der größten Flughäfen Deutschlands geführt. Weil er noch nicht Karl-Jatho-Flughafen Hannover heißt? Vielleicht liegt es auch daran, dass man in Hannover im Gegensatz zu Frankfurt, München, Düsseldorf, Hamburg oder Stuttgart nicht so unterstützend mit dem Flughafen umgeht. Zumindest gefühlt. Und nun kommt mit Kassel Calden noch ein neuer, nahegelegener Konkurrent für Ferienflüge hinzu.
Aber schauen wird doch eben noch mal kurz nach Berlin. Da soll ja auch ein neuer Flughafen entstehen. Möchte jemand Wetten ob es dort irgendwann mal los geht? So gesehen läuft es bei uns ja ganz gut.

Entkreiselung

Der Kreisel am Klagesmarkt vor dem Umbau zur Kreuzung

Hannover wird umgebaut. Das Stadtentwicklungsprojekt Hannover City 2020, das 2007 mit einer Analyse begonnen und ab 2008 in öffentlichen Foren über Potentiale der Innenstadt diskutiert hat, zeigt jetzt erste bauliche Umsetzungen. Der Kreisel am Klagesmarkt, auf dem Foto noch in einer Ansicht von 2005 zu sehen, ist nicht mehr. Wenn man dort heute vorbei kommt, kann man die erstaunliche Wirkung des Rückbaus der Straßensysteme dort sofort wahrnehmen. Damit rückt Hannover von einer autogerechten Stadt mehr zu einer menschengerechten Stadt, in der der Fokus auf Aufenthaltsqualitäten liegt. Auch der Klagesmarkt selbst wird sein Gesicht verändern. Neue Wohnbebauungen und ein Bürohaus schließen den Ort in Zukunft ab. Dazu muss aber erst einmal der Bunker unter der heutigen Parkplatzfläche abgebrochen werden. Es geht also weiter mit dem Umbau.

Apropos Umbau, auch bei HANNOVERSHOTS hat sich etwas verändert. Die leichten Designänderungen und das neue, größere Bildformat sind euch vielleicht schon aufgefallen. Die größte Veränderung liegt aber im System. Nachdem das alte System nie ganz problemlos lief und die Weiterentwicklung von Habari sehr langsam geworden ist, war es Zeit zu wechseln. Es werden sicher noch ein paar Dinge zu ändern und nachzujustieren sein, aber insgesamt sollte fast alles funktionieren. Ich hoffe, der sichtbare Teil des Umbaus gefällt euch.

Querungswandel

Bahnunterführung Kopernikusstraße Hannover

Gleisunterführungen können schaurige Orte sein. Da in Hannover der Bahnhof mitten in der Stadt liegt, gibt es hier so einige dieser Unterführungen. Das fängt schon rechts und links neben dem Hauptbahnhof an. Besonders in Fokus steht derzeit die westliche der beiden Unterführungen, die zur Lister Meile gehört. Grund sind die Planungen rund um die D-Linie. Die Region Hannover möchte dort gerne die Stadtbahn durchführen, die Grünen wünschen sich sogar eine Haltestelle in der Unterführung, am besten mit direkten Aufgängen zu den S-Bahn-Gleisen, was aber vermutlich die Deutsche Bahn nicht will, weil dann gehen ihr ja potentielle Kunden im “Einkaufsbahnhof” verloren, Pro-D-Tunnel erklärt, die Unterführung wäre für Stadtbahnen im aktuellen Zustand gar nicht hoch genug und sowieso ungeeignet für eine Haltestelle, keiner weiß ob die Statik mitmacht, wenn es neue Aufgänge geben würde und zu guter Letzt steht das Ding auch noch unter Denkmalschutz.
Als wäre das nicht schon kompliziert genug, soll jetzt genau diese Unterführung durch eine neue LED-Lichtinstallation aufgewertet werden. Bezahlt wird diese Aufwertung allerdings mal nicht mit Steuergeldern, sondern von der Stiftung Lebendige Stadt, die Projekte zur Gestaltung des öffentlichen Raums fördert. Eigentlich eine schöne Aktion, aber ob angesichts der aktuellen Planungen die richtige Unterführung ausgewählt wurde? Dabei gibt es durchaus andere Gleisunterquerungen, die dunkle Unorte sind und an denen mal etwas getan werden könnte. So wie die der Kopernikusstraße oben auf dem Foto. Eine wichtige und viel genutzte Verbindung zwischen Nordstadt und den östlichen Stadtteilen. Und bei entsprechend langer Belichtungszeit offenbaren sich auch dort durchaus interessante Konstruktionsdetails.

Dunkelgang

Rückseiten von Hannover Innenstadt

Die Rückseiten in Hannovers Innenstadt wurden schon im vorletzten Beitrag thematisiert, da ging es um den vorübergehend freien Blick auf die Häuser der Kamarschstraße. Nur eine paar Meter weiter gibt es einen dauerhafteren Einblick. Biegt man von der Osterstraße kommend am Parkhaus in der Röselerstraße links ab, steht man plötzlich in einer seltsamen Gasse mit Schuppen, Hinterhäusern, Abstellflächen und Parkplätzen. Ein wenig fühlt man sich dort in eine jener “Dark Alleys” versetzt, wie man sie aus amerikanischen Filmen und Serien kennt. Allerdings ist die Bebauung niedriger und spektakuläre Verfolgungsfahrten, die hier durchbrechen könnten, sind in Hannover ein auch eher seltenes Schauspiel.
Am ihrem südlichen Ende ist die Gasse an den Senior-Blumenberg-Gang angeschlossen, der die Marktstraße mit der Osterstraße verbindet. Wilhelm Blumenberg, nachdem der Gang benannt ist, war Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts für über dreißig Jahre Pastor an der nebenan gelegenen Aegidienkirche. Und die passt mit ihrem kriegszerstörten Aussehen schon wieder fast in das szenische Bild.

Geistergrollen

Zugang zur Geisterstation unter dem Hauptbahnhof in Hannover

Knarrende Nottreppen aus Holz, roher Beton, tröpfelndes Wasser, fahl flackerndes Licht, viel Finsternis und dann und wann ein dumpfes Grollen aus der Ferne. Das ist die Geisterstation unter dem Hauptbahnhof. Inzwischen eine kleine Touristenattraktion und selbst nicht allen Einwohnern Hannover bekannt, handelt es sich eigentlich um den Rohbau einer U-Bahnstation für die sogenannte D-Linie, der vierten geplanten U-Bahn Strecke unter Hannover. Vor Jahrzehnten angelegt, liegt sie quer unter der heute genutzten Station und kann bei Führungen der StattReisen Hannover besucht werden.
Ob sie bald doch noch als aktive Station zum Einsatz kommt, könnte sich schon heute Abend entscheiden. Dann stellt die Region Hannover ihre aktuellen Stadtbahn-Planungen vor. Für die Initiative Pro-D-Tunnel ist klar, nur der Bau des Tunnels ist für Hannover wirtschaftlich und stadtgestalterisch sinnvoll. Er würde jedenfalls das Chaos vor der Ernst-August-Galerie verringern und die Menschen aus dem Nordwesten der Stadt schneller in die Stadtmitte bringen.
Kommt der Tunnel, wird übrigens noch eine zweite Geisterstation lebendig. Unter dem Steintor gibt es ebenfalls einen ungenutzten Rohbau unter dem aktiven Stationsteil. Dann bleibt uns nur noch die Spekulation über die geheime Station unter dem Ihmezentrum. Die wollen zwar immer wieder Leute gesehen haben, in offiziellen Plänen taucht sie allerdings nirgendwo auf.